Reye-Syndrom durch HIV-Medikamente

Praxis-Depesche 14/2004

Hochdosierte "afrikanische Medizin" war schuld

Ein sechsjähriges Mädchen aus Ruanda kam mit Bauchschmerzen und Erbrechen in eine Londoner Kinderklinik. Es war benommen und wurde intubiert. Der Glasgow-Koma-Index betrug 7/15. Die Blutwerte zeigten eine Leberfunktionsstörung wie beim Reye- Syndrom; der Verdacht auf virale oder bakterielle Infektionen bestätigte sich ebenso wenig wie der auf Leukämie. Das Mädchen hatte in den zurückliegenden drei Monaten stark gehustet und eine zervikale Lymphadenopathie gezeigt. Afrikanische Freunde hatten ihm daraufhin "afrikanische Medizin" gegeben. Es stellte sich heraus, dass das Kind damit unwissentlich hochdosierte Virostatika eingenommen hatte, die 1,5fache empfohlene Dosis von Didanosin und Stavudin, zwei Nukleosidanaloga, die die reverse Transkriptase von HIV inhibieren. Das Mädchen konnte nach fünf Tagen extubiert werden, die neurologischen Ausfälle verschwanden langsam. Später wurde bei Mutter und Tochter tatsächlich HIV nachgewiesen. Eine bekannte Nebenwirkung der Nukleosidanaloga ist die mitochondriale Toxizität, die hier dem Reye-Syndrom ähnliche Symptome ausgelöst haben könnte. (MF)

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